Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Technische Dokumentation grundlegend und stellt klassische Redaktionssysteme auf den Prüfstand. Bei den tekom Technology Days 2024 erklärte Dr. Holger Rath, Produktmanager bei DOCUFY, wie KI-basierte Technologien den Redaktionsprozess unterstützen und warum Systeme wie COSIMA auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.
Aktueller Stand: KI als Helfer im Redaktionsprozess
Ein typischer Redaktionsprozess durchläuft viele Phasen – von der Planung und Recherche über das Erfassen und Anreichern bis hin zum Prüfen und Übersetzen. In vielen Unternehmen sind KI-gestützte Tools, etwa für maschinelle Übersetzungen oder intelligente Volltextsuchen, bereits im Einsatz. Diese helfen bei einzelnen Arbeitsschritten, doch die Möglichkeiten, mit denen KI den Redaktionsprozess unterstützen kann, gehen weit darüber hinaus.
KI-gestützte Dokumentation: Automatisierung der Routine
Mit smarten Dokumentationslösungen lassen sich viele Routineaufgaben automatisieren, sodass der Arbeitsalltag Technischer Redakteure deutlich erleichtert wird und Prozesse beschleunigt werden. Die KI kann dabei verschiedene Bereiche im Dokumentationsprozess optimieren:
- Daten- und Inhaltsverarbeitung:
- Bestandsdaten übernehmen
- Inhalte übersetzungsgerecht erfassen
- Dokumentstrukturen ableiten und Dokumente generieren
- Schnell und kostengünstig übersetzen
- Organisation und Klassifikation:
- Klassifikationssystem bzw. Wissensgraph aufbauen
- Inhalte klassifizieren und Metadaten vergeben
- Inhalte semantisch vernetzen
- Qualitätssicherung und Optimierung:
- Qualität sichern
- Terminologie berücksichtigen, Schreibregeln beachten
- Feedback sammeln und verarbeiten
- Nutzerorientierte Funktionen:
- Suchfunktionen, Chat, semantische Analyse
- Individualisierte Zugänge schaffen
COSIMA automatisiert bereits viele dieser Aufgaben, wie etwa die Terminologieprüfung und die Prüfung von Warn- und Sicherheitshinweisen auf den korrekten Gefährdungsgrad sowie die Generierung von Indexeinträgen für das Schlagwortregister. Mithilfe der KI stellt COSIMA auch Handlungsanweisungen und Warnhinweise (z. B. nach der SAFE-Regel) auf Knopfdruck bereit. Der DOCUFY Translation Service ermöglicht zudem schnelle, automatisierte Übersetzungen. In Zusammenarbeit mit Proricon kann die Vergabe von Metadaten und der Aufbau eines Klassifikationssystems innerhalb kürzester Zeit vollständig automatisiert werden.
KI als Assistent, nicht als Ersatz
KI ersetzt weder das Redaktionssystem noch die Rolle des Redakteurs. Die Verantwortung bleibt klar beim Menschen, der Inhalte prüft und anpasst, während KI Vorschläge liefert und repetitive Aufgaben übernimmt. So behält der Redakteur die volle Kontrolle und stellt sicher, dass alle Inhalte den Qualitätsstandards entsprechen.
Zukunftsvision: Effizienzsteigerung durch KI in der Technischen Dokumentation am Beispiel eines Wartungstopics
Nehmen wir an, der Technische Redakteur, nennen wir ihn Stefan Müller, hätte die Aufgabe, ein Wartungstopic für das Zahnrad einer Baggerschaufel zu erstellen. Der Prozess könnte mit DOCUFY-KI-Unterstützung künftig so ablaufen:
- Navigation und Selektion: Stefan beginnt seine Aufgabe durch die Nutzung eines 3D-Ersatzteilkatalogs. Jedes Bauteil, inklusive des Zahnrades einer Baggerschaufel, wird in seiner realen Betriebsumgebung dargestellt. Stefan lokalisiert und selektiert das Zahnrad in dieser 3D-Ansicht.
- KI-gesteuerte Datensammlung: Ein einfacher Klick genügt, damit Stefan die DOCUFY KI beauftragt, alle notwendigen Daten zum Zahnrad automatisch zu sammeln. Die KI durchsucht Daten aus verschiedenen Quellen wie dem Product Lifecycle Management (PLM) und dem Enterprise Resource Planning (ERP), einschließlich vergangener Wartungsaufzeichnungen.
- Erstellung des Wartungstopics: Automatisch generiert die KI das Wartungstopic für das Zahnrad. Diese Anleitung umfasst nicht nur die Schritte der Wartung selbst, sondern auch sicherheitsrelevante Informationen und Angaben zu benötigten Werkzeugen und Ersatzteilen, angepasst an firmeninterne Standards.
- Visualisierung: Unter Verwendung der 3D-Datei des Zahnrads erstellt die KI eine detaillierte 2D-Grafik für das Wartungstopic. Diese Grafik verbessert das Verständnis der spezifischen Wartungsschritte und kann interaktiv von Technikern vor Ort auf Tablets genutzt werden, um etwa Vergrößerungen anzeigen zu lassen oder Anmerkungen zu machen.
Vorteile dieser KI-gestützten Dokumentation:
- Effizienz: Stefans Recherche- und Abstimmungsaufwand mit Fachabteilungen wird durch die automatische Datensammlung und -verarbeitung erheblich reduziert.
- Aktualität und Präzision: Die KI gewährleistet die Nutzung der neuesten Daten direkt aus den Quellsystemen, was die Genauigkeit der Wartungsanleitungen erhöht.
- Entlastung der Technischen Redakteure: Der reduzierte manuelle Aufwand erlaubt es Stefan, sich auf das Schreiben von Texten und auf die Verbesserung der Dokumentationsprozesse zu konzentrieren.
Im Rahmen dieses vorgestellten Szenarios zeigt sich, wie die KI nicht nur unterstützend wirkt, sondern als integraler Bestandteil des Redaktionsprozesses fungiert. Diese Fortschritte ermöglichen es, präzise und benutzerfreundliche Technische Dokumentationen zu erstellen, während gleichzeitig die Qualität und Kontrolle durch menschliche Expertise gewährleistet bleibt.
Ist diese Zukunftsvision für Sie spannend? Welche weiteren Aufgaben könnten Ihrer Meinung nach durch KI im Dokumentationsprozess unterstützt oder automatisiert werden? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!