Dieser Beitrag erschien ebenfalls auf dem doctima Blog

Aktuelle Trends wie Digitalisierung, Industrie 4.0, Mobile Computing, Social Selling, Big Data und Co. beeinflussen die Produkte von morgen und prägen letztlich die zukünftige Entwicklung unserer gesamten Gesellschaft. Die Technische Dokumentation bleibt davon natürlich nicht verschont. Im Gegenteil, Informationen entwickeln sich immer mehr zum Schmierstoff unserer digitalen Welt und wer könnte diese besser liefern als die Technische Dokumentation? Für sie besteht also die einmalige Chance, das traditionelle Mauerblümchendasein zu verlassen und zu einem der Big Player im Unternehmensgefüge aufzusteigen.

Die Dokumentation von morgen

Damit dies möglich wird, muss sich die Technische Dokumentation ganz neu erfinden: Der Informationsnutzer von morgen wird erwarten, dass ihm die richtige Information im Kontext seiner aktuellen Nutzung durch intelligente Informationssysteme quasi automatisch wie auf dem Silbertablett serviert wird. Selbstverständlich müssen die Informationen dabei mehrdimensional miteinander verknüpft sein. So möchte man in einem Produktkonfigurator von der Nutzerbeschreibung einer bestimmten Produktoption mal schnell in die zugehörige Bedienungsinformation wechseln, den Entsorgungshinweis einsehen oder sinnvolles Zubehör sichten, bevor es dann an die tatsächliche Kaufentscheidung geht.

Im Servicefall soll am besten zeitgleich mit dem Serviceauftrag, die notwendige Dokumentation der anstehenden Serviceprozeduren mitgeliefert werden, idealerweise in der richtigen Reihenfolge. Und natürlich wären Tipps und Tricks der Kollegen sehr praktisch, wenn diese sich bereits zu einer bestimmten Tätigkeit oder Fragestellung geäußert haben. Notfalls wäre man sicher auch selbst bereit, eigene Tipps und Kommentare hinzuzufügen – zum Beispiel, wenn es eine besonders gute Lösung für ein Problem gibt.

Im privaten Alltag sind all diese genannten Dinge mit Facebook, Google, Amazon und Co. schon gelebte Realität. Nur im professionellen Arbeitsumfeld ist das vorherrschende Informationssystem heute leider noch oft die PDF-Datei.

Das Dokument hat ausgedient

Um aber den zukünftigen Dokumentationsanforderungen gerecht zu werden, ist eine Abkehr von unserem liebgewonnenen Dokument unausweichlich. Einerseits fordern die Informationsnutzer den direkten Zugriff auf passende und korrekte Einzelinformationen. Andererseits wird der dokumentorientierte Redaktionsprozess zunehmend mühsamer, da die zu dokumentierenden Produkte immer varianten- und umfangreicher werden. So führt die Strategie des Maximaldokuments, das alle Varianten und Optionen einer ganzen Produktreihe umfasst, immer öfter ins unbeherrschbare Chaos. In Zeiten, in denen konkrete Produkte sich immer mehr auflösen und zu einer Funktionswolke mutieren, aus der jeder Nutzer sein persönliches Produkt individuell zusammenstellen kann, ist ein dokumentorientierter Redaktionsprozess gänzlich undenkbar. Warum? Mit dem Verschwinden konkreter Produkte entfällt eben auch die Grundlage für einen dokumentorientierten Redaktionsprozess.

Der Informationsraum

Aber wie sieht die Lösung der zukünftigen Dokumentationsanforderungen aus? Wer übernimmt die Strukturierung, Bündelung und Zuordnung der Information, wenn es kein Dokument mehr gibt? Aus konzeptioneller Sicht ist die Antwort ganz einfach. Wir brauchen einen Informationsraum. Doch wie muss man sich so einen Informationsraum vorstellen? Welche Aufgaben übernimmt er und welche Funktionen hat er?

Der Informationsraum liefert eindeutige Adressen für alle relevanten Informationen eines Geschäftes. Die Einsatzmöglichkeiten gehen dabei weit über die klassische Technische Dokumentation hinaus. Vielmehr können dort Informationen zum gesamten Produktlebenszyklus, von der Entwicklung über Marketing und Vertrieb, Installation, Betrieb, Wartung und schließlich Entsorgung verankert werden. Dabei ist der Informationsraum nicht als eigenständiges Softwaresystem zu verstehen, sondern vielmehr als Konzept, das die eindeutige Adressierung oder besser Klassifizierung von Einzelinformationen ermöglicht.

Auf Basis dieses Informationsraums kann dann zukünftig der Informationsbedarf geplant, die redaktionelle Erstellung gesteuert und die zielgerichtete Nutzung der Information in den verschiedensten Informationssystemen ermöglicht werden.

Zugegeben, das hört sich ziemlich abenteuerlich an und wird die gewohnte Arbeitsweise der traditionellen Technischen Redaktion auf den Kopf stellen. Und es klingt nach viel Arbeit, so einen Informationsraum initial zu erstellen und dauerhaft zu pflegen. Aber um auch zukünftig erfolgreich sein zu können, ist es für Unternehmen unerlässlich, alle geschäftsrelevanten Informationen zu konsolidieren und für verschiedenste Zwecke verfügbar zu machen. Und dies ist die ureigenste Qualifikation und Aufgabe der Technischen Dokumentation.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Aufbau Ihres Informationsraums. Und keiner hat behauptet, der Weg zum Big Player wäre leicht… 🙂